Zukunft der Heizungen in Gauting – was der neue Wärme­plan für uns alle bedeutet

Heizung aus, Wärme­pumpe an? Wärme­netz her, Gas raus? Die Wärme­wende kommt – und sie kommt bis in unsere Wohn­zimmer. Die Gemeinde Gauting hat kurz vor den Sommer­fe­rien den Entwurf ihres ersten kommu­nalen Wärme­plans vorge­legt, wir hatten berichtet. 284 Seiten stark, erstellt von zwei Fach­büros aus Türken­feld bzw. Frei­burg, mit klarer Vorgabe: Bis 2045 soll Gauting klima­neu­tral heizen. Verbunden mit dem Wunsch, dass die Bürger bis zum 14.9. dazu Stel­lung nehmen.

Wir von Zukunft Gauting haben uns den Entwurf genau ange­sehen. Er hat es in sich! Wir erklären, was drin­steht, welche Chancen er bietet, wo Gefahren lauern und was das konkret für Bürge­rinnen und Bürger bedeutet. Und wo drin­gend nach­ge­ar­beitet werden muss, unver­än­dert darf der Entwurf keines­falls verab­schiedet werden!

Kommunaler Wärmeplan Gauting

Was ist ein Wärme­plan über­haupt?

Seit 2024 schreibt der Bund allen Gemeinden vor: Jede Kommune braucht einen Wärme­plan. Der Plan besteht aus drei Teilen:

  • Bestands­auf­nahme: Welche Heizungen stehen in den Kellern? Wie alt sind die Gebäude? Welche Netze gibt es?
  • Poten­zi­al­ana­lyse: Wo könnten erneu­er­bare Ener­gien genutzt werden – Sonne, Geothermie, Biomasse, Wärme­pumpen?
  • Ziel­sze­nario 2045: Wie sieht eine klima­neu­trale Wärme­ver­sor­gung für Gauting aus?

Wichtig: Der Plan ist kein Gesetz, aber eine Leit­planke für künf­tige Entschei­dungen von Gemein­derat und Verwal­tung – etwa für Bauge­biete, Förder­pro­gramme oder Ener­gie­pro­jekte.

Was sagt der Plan über Gauting?

  • 6.832 Gebäude gibt es in Gauting – 95 % davon werden privat genutzt.
  • Über 4.000 Gebäude hängen am Gasnetz – ein Netz, das gut ausge­baut und tech­nisch in Ordnung ist.
  • Erdgas ist derzeit der wich­tigste Ener­gie­träger – und das soll sich ändern.
  • Der Plan setzt klar auf Luft-/oder Erdwär­me­pumpen (83 % der Haus­halte) und kleine Wärme­netze (14 % der Haus­halte).

Geothermie wird als große Hoff­nung gehan­delt – doch das Projekt in Gauting hängt an finan­zi­ellen Unsi­cher­heiten und hat sich bereits mehr­fach  verzö­gert. Die Firma Silenos (Familie Schulte-Midde­lich und Strabag AG) sind weiter opti­mis­tisch, aber aktuell ist die Finan­zie­rung nicht gesi­chert, die für September 25 geplante Rodung am Bohr­loch verschiebt sich um mindes­tens sechs Monate und eine Eini­gung über die Kosten mit der Geothermie Gauting (KWA), die das Netz verlegen und die Haus­halte anschließen soll, scheint in weiter Ferne. Siehe hierzu auch unseren Bericht aus dem Gemein­derat im März. Unab­hängig vom Wärme­plan sollte die Gemeinde den Investor gegen­über der Staats­re­gie­rung unter­stützen, um die nötige finan­zi­elle Unter­stüt­zung im Inter­esse der Gautinger Bürger zu sichern. Aber es ist voraus­schauend, dass man im Wärme­plan auch Alter­na­tiven unter­sucht.

Wärme­netze: große Pläne, viele Frage­zei­chen

Der Entwurf sieht 9 Gebiete für Wärme­netze vor, darunter Gauting-Zentrum, Stock­dorf, Teile von Unter­brunn oder Buchen­dorf. Aber:

  • Schon bis 2030 sollen sechs Netze stehen – eine ambi­tio­nierte, genauer unrea­lis­ti­sche Ansage.
  • Unklar ist: Wer baut, betreibt und finan­ziert diese Netze?
  • Noch wich­tiger: Was kostet der Anschluss die Bürger – und wie hoch werden die Wärme­preise sein?
  • Und was passiert, wenn man am Wärme­netz hängt und der Betreiber die Preise anzieht?

Bisher hat sich niemand Gedanken gemacht, wo die Firmen und Mitar­beiter sind, die neue Netze planen und anschlie­ßend bauen können.  Das soll dann nicht nur in Gauting, sondern im ganzen Land gleich­zeitig geschehen.

Im Entwurf steht im Übrigen lapidar als Tipp für den Bürger: 

 „Prüfen Sie, ob sich Ihr Gebäude in einem Prüf­ge­biet oder einem Eignungs­ge­biet für Wärme­netze befindet. Falls ja, kontak­tieren Sie poten­zi­elle Wärme­netz­be­treiber“. – Man kann es sich auch sehr einfach machen…

Wärme­pumpen für fast alle – aber was kostet das?

Für den Groß­teil der Gautinger Haus­halte sieht der Plan Einzel­lö­sungen mit Wärme­pumpen vor. Doch Gauting ist eine Altbau­ge­meinde:

  • Rund 65 % der Häuser wurden – teils lange — vor 1980 gebaut.
  • 75 % der Gebäude haben schlechte Effi­zi­enz­klassen (E–H).
  • Ohne teure Sanie­rungen funk­tio­nieren Wärme­pumpen oft nicht wirt­schaft­lich.

Die Folge: Haus­ei­gen­tümer müssten tief in die Tasche greifen. Konser­va­tive Schät­zungen aus verschie­denen Quellen:

  • Wärme­pumpe: 20.000–45.000 €
  • Sanie­rung (Dach, Fassade, Fenster): 40.000–100.000 €
  • Gesamt­paket: schnell 60.000–120.000 € pro Haus

Klar gibt es auch Förde­rungen. Aber wie lange reicht das, für wen gilt das und es bleibt immer eine erheb­liche Lücke?

Für viele Fami­lien, Rentner und Normal­ver­diener ist das schlicht nicht machbar – und genau hier schweigt der Plan. Und das betrifft alle – Haus­ei­gen­tümer, aber natür­lich auch die Mieter, die über ihre Mieten sich an der Finan­zie­rung  betei­ligen müssen!

Und warum das alles? Es gibt für viele Orts­teile bessere Lösungen, die das zeit­lich stre­cken und trotzdem gut fürs Klima sind.

Die große Leer­stelle: die „Gasnetz-Brücke“

Über 4.000 Haus­halte hängen heute in Gauting am Gasnetz (vor allem im Hauptort Gauting und Stock­dorf). Dieses Netz könnte mit klima­neu­tralem Gas (Biome­than, synthe­ti­sches Methan oder Wasser­stoff-Beimi­schung) weiter­be­trieben werden – ohne große Umbau­kosten.

Doch: Der Entwurf beschäf­tigt sich mit diese Option gar nicht ernst­haft. Warum? Weil die Stadt­werke München (SWM) aktuell kein Inter­esse zeigen. Aus unserer Sicht ist das eine verpasste Chance:

  • Mit klima­neu­tralem Gas könnten wir Zeit gewinnen.
  • Das Netz und die Heizungen in den Häusern müssten nicht verän­dert werden!
  • Die Bürger würden finan­ziell entlastet.
  • Wärme­pumpen und Netze könnten in Ruhe wachsen, mit Fokus auf Gebiete ohne Gasnetz,  statt über­stürzt überall nahezu gleich­zeitig.

Zukunft Gauting fordert: 

  • Die Gasnetz-Brücke muss als ernst­hafte Option in den Wärme­plan!
  • Die Gemeinde muss – am besten gemeinsam mit anderen Gemeinden aus der Region – mit den Stadt­werken München (SWM) in eine falls nötig auch kriti­sche Diskus­sion gehen!
Gasnetz

Über­for­de­rung für die Gemeinde?

Der Plan listet 24 Maßnahmen, viele davon sofort – von Info-Kampa­gnen über Sanie­rungs­pro­gramme bis hin zu Netz­pro­jekten. Doch Gauting ist finan­ziell und perso­nell knapp aufge­stellt, wir haben oft genug darüber berichtet.
Ohne zusätz­liche finan­zi­elle und perso­nelle Ressourcen  wird die Umset­zung kaum machbar sein. Eine Gesamt­schau der Maßnahmen erfolgt aber nicht. Und leider schweigt der Entwurf dazu und macht auch keine Deckungs­vor­schläge, was dafür in Gauting wegfallen soll.

Wir wissen alle, wie quälend langsam jedes Entwick­lungs­pro­jekt heut­zu­tage voran geht, egal ob das Gewer­be­ge­biete, neue Wohnungen usw. betrifft.

Das wissen die Entwurfs-Ersteller aus Frei­burg und Türken­feld viel­leicht nicht. Aber die Bürger­meis­terin, die Fach­leute im Rathaus und die Gemein­de­räte kennen es zur Genüge.

Aber: Der Gemein­derat kennt den Entwurf auch nur von der Webseite der Gemeinde. Er hatte bislang keine Gele­gen­heit ihn zu disku­tieren. Jetzt müssen die Räte  sich damit beschäf­tigen, die Sommer­fe­rien sind zu Ende.

Was bedeutet das nun für Sie?

  • Heizungen raus­reißen muss jetzt niemand. Aber: Wer neu baut oder eine Heizung ersetzt, wird sich bald mit dem Plan ausein­an­der­setzen müssen.
  • Klar­heit fehlt: Ob Sie in den Eignungs­ge­bieten wirk­lich ein Wärme­netz bekommen oder doch eine Wärme­pumpe brau­chen, ist nicht wirk­lich klar.
  • Kosten­frage unge­klärt: Der Plan sagt nicht, was Eigen­tümer zahlen müssen – weder für Netze noch für Einzel­lö­sungen.

Unsere Forde­rungen an die Über­ar­bei­tung

Zukunft Gauting hat eine Stel­lung­nahme einge­reicht. Unsere Kern­punkte:

  1. Gasnetz-Option aufnehmen – als Brücke bis 2045. Es ist eine erstaun­liche Idee, eine bestehende Infra­struktur aufzu­geben, ohne eine verläss­liche Alter­na­tive gesi­chert zu haben.
  2. Trans­pa­renz bei Kosten – für Wärme­pumpen, Sanie­rungen und Netze.
  3. Realis­ti­sche Zeit­pläne – keine Wunsch­listen, die niemand umsetzen kann.
  4. Klare Verant­wort­lich­keiten – wer baut die Netze, wer trägt die Kosten, wer schützt die Bürger?
  5. Soziale Verträg­lich­keit – Klima­schutz darf nicht am Geld­beutel der Bürger schei­tern.
  6. Der Gemein­derat hat die Erstel­lung des Entwurfs an zwei externe Berater ausge­la­gert. Aber der Entwurf wurde im Gemein­derat (Sommer­fe­rien…) bislang nicht offen und trans­pa­rent disku­tiert. Der Gemein­derat muss sich gründ­lich mit dem Entwurf und seiner Über­ar­bei­tung in öffent­li­cher Sitzung befassen, bevor er verab­schiedet werden kann!

Der Bürger kann mitreden! Aber Eile ist geboten….

Die Bürger können Stel­lung nehmen. Noch ist es ein Entwurf. Bitte an post.umwelt@gauting.de  schi­cken.
Nutzen Sie die Chance – denn dieser Plan entscheidet über die Grund­lagen für die Wärme­ver­sor­gung unserer Gemeinde für die nächsten Jahr­zehnte.

Es ist als Termin der 14.September genannt. Da das mit dem Ende der Sommer­fe­rien zusam­men­fällt, können wir uns aber nicht vorstellen, dass etwas verspä­tete Stel­lung­nahmen nicht beachtet werden.

Auf der Webseite der Gemeinde finden Sie den Entwurf und weitere Erläu­te­rungen zum Verfahren.