Würm Gauting

ZukunftGAUTING

Bürgeroffensive für einen starken Ort

Windkraft in Gauting – jetzt wird es ernst!

Windkraftanlagen

Schwerpunktthema im Gemeinderat letzten Donnerstag – Windkraftanlagen in Gauting. Die Bundesregierung hat durch sechs Gesetze, die seit November 2022 in Kraft getreten sind, es erleichtert Windkraftanlagen zu bauen und zugleich den Ländern und Kommunen massiven Druck gemacht zügig Windkraftanlagen zu genehmigen. Windkraftanlagen gelten ab nun im „überragenden öffentlichen Interesse“, was es in der Abwägung mit Belangen des Natur- und Artenschutzes erleichtern soll, Windkraftanlagen in der freien Natur zu realisieren. Und die Länder müssen rasch verbindlich Flächen für Windkraftanlagen ausweisen – in Bayern 1,1 % der Fläche bis 2027 und 1,8 % bis 2032. Dies gilt heruntergebrochen dann auch für alle Regionen und die Konsequenzen bei Nichteinhaltung sind scharf. Bis 2027/2032 können die Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit geeignete Flächen definieren. Schaffen Sie das aber nicht, greift eine Privilegierung für Windkraftanlagen in Außengebieten: Die Kommunen verlieren ihre Planungshoheit und Investoren können prinzipiell überall in geeigneten Außenflächen Windkraftanlagen realisieren und die Gemeinden verlieren ihre Einwirkungsmöglichkeiten.

Grafik zu Konzentrationsflächen
Drei wesentliche Konzentrationsflächen laut Teilflächennutzungsplan 2012 auf Gautinger Gebiet

Wie ist die Situation im Landkreis Starnberg ?

Vor diesem Hintergrund war der Landkreis Starnberg weitsichtig – bereits 2012 wurden sog. „Konzentrationsflächen“ ausgewiesen, die als besonders geeignet angesehen werden für Windkraftanlagen. Drei wesentliche Flächen liegen auf Gautinger Gemeindegebiet – östlich von Buchendorf, in einem Streifen bei Königswiesen in Richtung Unterbrunn und zwischen Oberbrunn und Hadorf (siehe Grafik). Und damit haben wir gewissermaßen den ersten Teil der „Hausaufgaben“ erledigt und können in konkrete Planungsschritte gehen. Die Gemeinde lässt sich dabei durch das erfahrene Ingenieurbüro Sing aus Landsberg begleiten, das durch Referenzprojekte u.a. in Berg und Fuchstal seine besondere Kompetenz nachgewiesen hat, gerade auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Beteiligung interessierter Bürger. Herr Sing erläuterte, dass nicht alle drei Teilflächen gleichzeitig realisiert werden können. Aber sinnvoll könne man auch mit einzelnen Gebieten beginnen. Denn natürlich bleiben umfangreiche Aspekte abzuklären, u.a. bei den Auflagen zur zivilen und militärischen Luftfahrt, Abständen zu Messstationen, Berücksichtigung von Schutzgebieten (u.a. Natur- und Wasserschutz, Vogelschutz usw.), Bodendenkmälern, Strom-Freileitungen und Richtfunk und natürlich die Erschließung möglicher Standorte. Wichtig war seine Aussage, dass es nach aktuellem Stand keine KO-Kriterien gibt, die eine Realisierung ausschließen würden.

Aufbau Windkraftanlage
Der Aufbau einer Windanlage setzt sorgfältige Planung voraus schon bei der Erschließung

Wichtige nächste Schritte werden nun die Übernahme der Konzentrationsflächen in der übergeordneten Regionalplan, der Nachweis der Wirtschaftlichkeit, die Verabschiedung von Bebauungsplänen und natürlich die Abklärung mit den Eigentümern sein, sofern die Standorte nicht im Gemeindeeigentum stehen (überwiegend Bayerischer Staatsforst, der der Nutzung aber offen gegenübersteht). Eine Errichtung und Inbetriebnahme erster Anlagen erscheint dann 2026 als möglich.

Das Konzept der Bürgerbeteiligung

Zentrale Idee bei der Umsetzung ist das Konzept eines „Bürgerwindprojektes“ nach dem Vorbild u.a. von Berg und Fuchstal. Interessierte Gautinger Bürger sollen die Möglichkeit erhalten sich bereits mit Einlagen ab 5.000 € wirtschaftlich an der Projektgesellschaft zu beteiligen und gemeinsam 80 % der Anteile zu halten, 20 % verbleiben beim Initiator. Selbstverständlich handele es sich um eine unternehmerische Beteiligung mit Chancen und Risiken, die aber aufgrund der für 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung und einer konservativen Planung sehr gut zu kalkulieren sei. Das Projekt in Berg habe beispielsweise bislang die Erwartungen deutlich übertroffen. Herr Sing betonte, dass eine ausführliche Information der Bürger und ein von der Finanzaufsicht geprüfter Prospekt selbstverständlich erfolgen würde. Wichtig sei die Idee, dass „das Geld im Ort bleibe“, die Gemeinde durch Gewerbesteuereinnahmen von der Projektgesellschaft profitiere und die beteiligten Bürger durch die  Erträge eine gute Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals erhalten.

Die Haltung des Gemeinderates

Der Gautinger Gemeinderat hat noch keine verbindlichen Beschlüsse gefasst. Im Vordergrund stand bislang die Information und die Erarbeitung der Grundlagen für ein solches Projekt unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Aber wenig überraschend ist, dass die Grundhaltung der Diskussion auf die Realisierung der möglichen Windkraftanlagen ausgerichtet ist. Solange die Gemeinde hier noch Gestaltungsmöglichkeiten hat und wichtige Aspekte beeinflussen kann, wie zB. die Lage der Anlagen oder die Bürgerbeteiligung ist das aus Sicht von Bürgermeisterin und Gemeinderat natürlich besser als wenn später die Gemeinde das nicht mehr richtig kontrollieren kann und der Zufälligkeit von Investoreninteressen ausgesetzt ist.

Und wie sehen die Gautinger Bürger die Windkraft-Pläne?

Das ist aktuell noch schwer festzustellen. Bei den Plänen für die Geothermie ist große Begeisterung festzustellen – die Idee einer verlässlichen, preisgünstigen, stromunabhängigen und klimaneutralen Wärmeversorgung mit nur geringen Belastungen für die Natur überzeugt die Gautinger und viele hoffen perspektivisch sich selbst daran anschließen zu können, auch um sich eine teure und stromabhängige Wärmepumpe zu ersparen.

Bei der Windkraft scheint das nicht so eindeutig zu sein. Dabei geht es nicht nur um organisierte Gegner, die aus dem „Querdenker-Milieu“ stammen und erst gegen modernen Mobilfunk (5 G) kämpfen, dann Corona leugnen und nun die Windkraft verteufeln.

Aber es scheint auch ganz normaler Bürger aus der Mitte der Gesellschaft zu geben, die die Gefahren des Klimawandels und drängenden Handlungsbedarf anerkennen, sich mit der Vorstellung aber schwer tun, dass in wenigen Jahren Hunderte von Windrädern in unserer oberbayerischen Landschaft entstehen werden. Es wird in der Tat nicht möglich sein die Windkraftanlagen zu verstecken. Und die bei einigen zu beobachtende Skepsis gegenüber als erheblich empfundenen Eingriffen („wenn wir schon durch Hunderte von Windrädern unsere schöne oberbayerische Landschaft verändern, sollten wir sicher sein, dass es das auch Wert ist“) scheint auch durch ein zunehmendes Unbehagen über die grundsätzliche Richtung der europäischen und deutschen Klimapolitik verstärkt zu werden. Sinngemäß lassen sich diese Sorgen etwa so zusammenfassen

Der gesamte Fokus der europäischen Politik ist darauf ausgerichtet, die heutigen grundlastfähigen Energieträger Öl, Gas und Kohle (CO2 Belastung) so schnell wie möglich abzuschaffen und im deutschen Sonderweg dann auch noch als erstes die Kernenergie (obwohl CO2 neutral), während sechs unserer Nachbarländer zur Bewältigung des Klimawandels sogar neue AKW derzeit bauen oder planen.

Der gesamte Strombedarf soll zukünftig durch erneuerbare Energien (im wesentlichen Solar und Windkraft) gedeckt werden, die aber nicht grundlastfähig sind, weil sie volatil schwanken abhängig vom Sonnenschein und Wind (Problem der „Dunkelflaute“). Und unser Strombedarf wird gewaltig steigen durch den Fokus auf E-Mobilität, Heizungen (Wärmepumpen!) und grünen Wasserstoff, den wir vor allem brauchen um zwei der drei wichtigsten Branchen mit Millionen von Arbeitsplätzen in Deutschland (Automobil/Stahl und Chemie) halbwegs wettbewerbsfähig zu halten (Voraussetzung: international wettbewerbsfähige Energiekosten).“

Viele Menschen reden darüber nicht gerne öffentlich, aber sie sorgen sich, wie es gelingt die Transformation in eine klimaneutrale Volkswirtschaft zu gestalten, unsere Arbeitsplätze zu erhalten und wirtschaftlich die Bürger nicht zu überfordern.

Anders aber ein prominenter Gautinger Mitbürger, der Ex-Chef des renommierten IFO-Institut, Professor Hans-Werner Sinn. Er äußert sich in gewohnt pointierter Form und stellt an den Anfang, dass er Greta Thunberg zustimmt, wenn sie sagt „Das Klimaproblem ist eine Geißel der Menschheit“. In seiner traditionellen Weihnachtsvorlesung hat er sich im Dezember 22 mit der Energiepolitik auseinandergesetzt. Auf Youtube haben schon weit mehr als 1 Mio. Menschen seine Vorlesung angeschaut (ab 57:24 zum Thema Energiewende). Man muss natürlich nicht mit allem einverstanden sein, aber anhörenswert sind seine Argumente sicherlich.

Professor Sinn aus Gauting
Professor Sinn aus Gauting hält das Klimaproblem wie Greta Thunberg für eine „Geißel der Menschheit“, kritisiert aber die Energiepolitik als ungeeignet

Die Position von ZukunftGAUTING

Wir sind eine überparteiliche Bürgerinitiative, deren Ziel es ist, Gauting weiterzuentwickeln und entsprechende Initiativen zu unterstützen („Für ein modernes und lebenswertes Gauting!). Aufgrund unseres regionalen Fokus nehmen wir keine Position zu konkreten Entscheidungen der nationalen oder gar europäischen Politik ein. Hierzu haben unsere Mitglieder sicherlich persönliche Ansichten, die aber auch unterschiedlich sein können.

Wenn der Gautinger Gemeinderat sich unter den neuen Rahmenbedingungen dazu entschließen sollte, konkrete Windkraftanlagen zu ermöglichen, halten wir das für nachvollziehbar. Wenn einem in gewisser Weise die Pistole auf die Brust gesetzt wird mit der Alternative „Entweder jetzt planen und gestalten oder nach 2027 es dem Spielball des Zufalls und Investoren zu überlassen“ dann ist die Entscheidung nicht so furchtbar schwer.

Aber wie schätzt man die Stimmung in der Bevölkerung ein, wie geht man auf die Bauchschmerzen von Bürgern ein, ob die europäische und nationale Klimapolitik sich auf dem richtigen Weg befindet ? Und ob es deshalb richtig ist, den Bau von Windkraftanlagen so wie geplant zu forcieren ? Soll man auf solche Sorgen und Bedenken eingehen und die Menschen überzeugen, warum ihre Bedenken nicht zutreffen ?  Oder das ganz pragmatisch durchziehen und auf den ohnehin unumkehrbaren Weg bringen?  Der Gautinger Gemeinderat ist der falsche Adressat, um bundes- oder europapolitische Entscheidungen in Frage zu stellen. Ihm bleibt nichts anders übrig als damit zu leben. Aber wer vertritt die Entscheidungen der Berliner und Brüsseler Politik hier vor Ort, wenn es konkret wird und geht auf Sorgen und Bedenken von Bürgern ein ?

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