Geothermie, Wohnen, das liebe Geld – ein Sommer-Update

Sommer­tage und nahende Schul­fe­rien – Zeit für einen Blick, wie es bei den wich­tigen Zukunfts­themen in Gauting vorwärts geht. Was hat das von Bundes­kanzler Scholz im März ausge­ru­fene neue „Deutsch­land-Tempo“ in der Praxis bewirkt ? Wir werfen einen aktu­ellen Blick auf die wich­tigsten Themen, die Gauting vorwärts­bringen sollen.

Geothermie und kommu­nale Wärme­pla­nung – was tut sich da?

Kaum ein Thema hat derzeit so viel öffent­li­ches Inter­esse wie die Entwick­lung eines Geothermie-Netzes für Gauting. So war es auch kein Wunder, dass die Publi­kums­plätze im Gemein­derat gut gefüllt waren als das Thema letzte Woche auf der Agenda stand. Die gute Nach­richt vorweg: an dem Projekt wird intensiv gear­beitet und es soll zügig voran­gehen. Die Geschäfts­führer der www.gauting.silenos-energy.com Vater und Sohn Schulte-Midde­lich konnten berichten, dass es nun einen endgül­tigen Bohr­platz gibt, bei dem alles „auf Grün“ zu stehen scheint. Jetzt wird intensiv daran gear­beitet, um bald­mög­lichst die Bohrungen und erfor­der­li­chen Tests durch­führen zu können. Man sei ange­sichts der früheren Unter­su­chungen sehr zuver­sicht­lich, dass die 25 Mio. € teuren Bohr­ar­beiten Ende 2024/Anfang 2025 zur „Fündig­keit“ führen werden, also bestä­tigen, dass Wasser in der erwar­teten Tempe­ratur gelie­fert werden kann. Bernd Schulte-Midde­lich, bekannt für klare Worte, betonte ausdrück­lich, dass die betei­ligten Behörden sehr konstruktiv und unter­stüt­zend arbeiten („man merkt, dass alle die Geothermie wollen“) und war zuver­sicht­lich zum Winter 2025/26 „ab Bohr­loch“ liefer­be­reit zu sein. Das bedeutet aber keines­wegs, dass zu diesem Zeit­punkt die ersten Abnehmer bereits ange­schlossen werden können. Denn natür­lich müssen erst die Trassen für das Fern­wär­me­netz gebaut werden, um die einzelnen Abnehmer anschließen zu können. Dies ist die Aufgabe des neuen Unter­neh­mens „Geothermie Gauting“, die die Gemeinde zusammen mit der www.kwa-ag.de  (Toch­ter­ge­sell­schaft der Stadt­werke Schwä­bisch Hall) gegründet hat. Aber auch hier wird kräftig an der Planung des Netzes gear­beitet, mit dessen Reali­sie­rung begonnen werden soll, sobald die „Fündig­keit“ fest­steht. Die erste Wärme­lie­fe­rung könne dann voraus­sicht­lich im 2.Quaral 2026 erfolgen (Askle­pios-Klinik). Aber nur wenn alles wirk­lich glatt geht, worauf die 1.Bürgermeisterin Dr. Brigitte Kössinger unmiss­ver­ständ­lich hinwies. Deshalb sind diese Planungen Ziel­stel­lungen, aber man kann sich zum heutigen Zeit­punkt nicht darauf verlassen.

Ausbauplan
Der Tras­senbau wird  in verschie­denen Teil­ab­schnitten über mehrere Jahre erfolgen

Zu keinem Thema errei­chen uns derzeit so viel Fragen. Deshalb hier die wich­tigsten Antworten.

Wenn ich mich an das Geothermie-Netz anschließen möchte, kann ich heute etwas tun?

Am besten per E‑Mail an post.geothermie@gauting.de das Inter­esse bekunden (damit ist noch keine Verpflich­tung verbunden). Etwa 200 Bürger und Betriebe haben das schon getan, das hilft, um die Planung bedarfs­ge­recht durch­zu­führen.

Muss ich mich an das Geother­mi­e­netz anschließen, auch wenn meine Heizung noch ein paar Jahre läuft?

Nach heutigem Stand kann ein sog. „Anschluss- und Benut­zungs­zwang“ in Bayern nur für Neubauten einge­führt werden. Es wäre also in jedem Fall zunächst eine gesetz­liche Ände­rung erfor­der­lich, wenn dies zukünftig auch für bestehende Gebäude gelten soll. Danach kann man sich also nach aktu­ellem Stand auch zu einem späteren Zeit­punkt anschließen, wenn zB. die heutige Heizung ersetzt werden muss.

Was ist mit den Gebieten, die derzeit noch nicht in der Planung aufge­nommen sind?

Die Silenos plant jetzt „Gauting-West“ will aber dann an einem zweiten Bohr­platz „Gauting-Ost“ die Entwick­lung der Geothermie fort­setzen und dann auch Gebiete wie Buchen­dorf oder Stock­dorf zu einem späteren Zeit­punkt anschließen. Unter­brunn könnte laut Aussage von Herrn Dr.Schulte-Middelich ggf. auch früher dabei sein, wenn es dort beson­ders viele Inter­es­senten gibt. Es schadet sicher nicht, wenn auch Bürger aus den anderen Gebieten ihr Inter­esse an einer Anbin­dung anmelden.

Was bedeutet die zukünf­tige Verpflich­tung der Gemeinden zur Erstel­lung einer kommu­nalen Wärme­pla­nung für das Geothermie-Projekt?

Bekannt­lich will die Bundes­re­gie­rung im Zusam­men­hang mit dem umstrit­tenen Heizungs­ge­setz die Kommunen verpflichten eine kommu­nale Wärme­pla­nung zu erstellen ( Gesetz­ent­wurf, noch nicht verab­schiedet). Laut Aussage der Bürger­meis­terin Dr. Brigitte Kössinger hat das keinen Einfluß auf die Geothermie-Planung. Diese wird dann in die Gesamt-Wärme­pla­nung einfließen und hindert das Geothermie-Projekt nicht. Die Gemeinde wird jetzt zunächst einen Förder­an­trag stellen, da der Bund 90 % der Kosten (Schät­zung für Gauting 100–200.000 €) für die Erstel­lung der Wärme-Planung über­nehmen will.

Ergän­zende Infor­ma­tionen finden Sie hier:

Und was ist mit der Wind­kraft?

Im März wurde in öffent­li­cher Gemein­derat-Sitzung über den Stand zu den Möglich­keiten und neuen gesetz­li­chen Rege­lungen zum Ausbau der Wind­kraft auch in unserer Region infor­miert, auch zu Möglich­keiten für eine wirt­schaft­liche Betei­li­gung von Bürgern nach dem Vorbild der Gemeinde Berg, siehe unseren Artikel hierzu.

Weitere konkrete Infor­ma­tionen liegen derzeit öffent­lich nicht vor. Die für 2023 vorge­se­hene Beauf­tra­gung des erfor­der­li­chen natur­schutz­recht­li­chen Gutach­tens konnte aufgrund von Unklar­heiten auf Bundes-/Lan­des­ebene nicht erfolgen, es soll jetzt für 2024 einge­plant werden.

Bezahl­barer Wohn­raum – Wie geht es am AOA-Gelände weiter?

Vor 10 Jahren hat die Firma AOA Gauting in Rich­tung Gilching verlassen. Nicht ganz so lange wird um die Bebauung des Areals gerungen. Die Aufstel­lung des Bebau­ungs­plans „Am Patchway Anger“ ist auf dem Wege, aber noch nicht abge­schlossen. Die Gemeinde berichtet regel­mäßig auf ihrer Webseite.

Aber wann tatsäch­lich die Bagger anrollen werden, ist aktuell weiter unklar. Der für diesen Sommer ange­kün­digte Abriss des leer­ste­henden AOA-Gebäudes ist abge­sagt, aktuell wird es als Zwischen­nut­zung für die Unter­brin­gung von Flücht­lingen genutzt. Dabei besteht an der Notwen­dig­keit für bezahl­baren Wohn­raum kein Zweifel, doch in den Jahren der Diskus­sion über das rich­tige Konzept haben sich die Zinsen für Baufi­nan­zie­rungen, die Kosten für Bauma­te­ria­lien und die Verfüg­bar­keit von Fach­per­sonal alle in die falsche Rich­tung entwi­ckelt. Der Verband Wohnen – einer der vier Grund­stücks­ei­gen­tümer auf dem Areal – hat Anfang Juni bereits mitge­teilt, dass das Projekt deprio­ri­siert und „um zwei Jahre verschoben“ wurde.

Keine guten Nach­richten also für Menschen mit „kleinem Einkommen“, die in Gauting arbeiten, aber auch leben wollen. Es bleibt zu hoffen, dass zumin­dest in abseh­barer Zeit der Bebau­ungs­plan verab­schiedet wird. Dann kann es zumin­dest rasch losgehen, wenn sich das Umfeld für Neubauten wieder verbes­sert.

Die Gautinger Finanzen – eine erfreu­liche Über­ra­schung aus dem Jahr 2022

Gute Nach­richten hatte Kämmerer Stefan Hagl im Gemein­derat im Juni und verblüffte die Gemein­de­räte als er die Jahres­rech­nung für 2022 vorlegte. Seit Jahren kämpft Gauting mit seinem Haus­halt, zu geringe Einnahmen und ein großer aufge­stauter Inves­ti­ti­ons­be­darf sind Probleme, die jedes Jahr die Haus­halts­be­ra­tungen für die Gemein­de­räte zu einer quälenden Ange­le­gen­heit werden lassen. Aber leider sind keine Fort­schritte zu vermelden bei den wich­tigen neuen Gewer­be­ge­bieten, hier wird zwar konzen­triert dran gear­beitet, aber neues wissen wir derzeit nicht.

Cover Rechenschaftsbericht 2022

Nun konnte der Gemein­de­käm­merer aller­dings für das Jahr 2022 berichten, dass die eigent­lich vorge­se­hene Entnahme der Rück­lagen im Vermö­gens­haus­halt für Inves­ti­tionen nicht erfor­der­lich war. Dies hat vor allem auch damit zu tun, dass zahl­reiche Projekte, die für 2022 vorge­sehen waren, nicht umge­setzt wurden. Die Liefer­ver­zö­ge­rungen für Mate­ria­lien und der Perso­nal­mangel haben auch hier dazu geführt, dass viele Zeit­pläne sich nach hinten verschoben haben. Das bedeutet aber natür­lich nicht, dass die Projekte über­flüssig geworden sind, sie verla­gern sich nur weiter in die Zukunft.

Die eigent­liche Über­ra­schung ergab sich aber im Verwal­tungs­haus­halt, in dem die laufenden Einnahmen und Ausgaben verbucht werden. Hier konnte Gauting in den letzten Jahren immer nur aufgrund der Schlüs­sel­zu­wei­sungen für „arme“ Gemeinden einen ausge­gli­chenen Haus­halt aufstellen, aber die Mittel für notwen­dige Inves­ti­tionen im Vermö­gens­haus­halt konnten nicht erwirt­schaftet werden und die Prognosen für die mittel­fris­tige Zukunft blieben düster. Jetzt hat Gauting in 2022 einen uner­war­teten Über­schuss im Verwal­tungs­haus­halt von 5,4 Mio. € erwirt­schaftet, der in die Rück­lagen für den Vermö­gens­haus­halt zuge­führt werden konnte. Das ist – vor allem in dieser Höhe – über­ra­schend und bemer­kens­wert.

Woran liegt dies nun? War es ein Sonder­ef­fekt in 2022 oder hat dies auch Aussa­ge­kraft für die Zukunft ? Im Gemein­derat ist dies bislang nicht richtig trans­pa­rent geworden. Klar ist, dass Gauting 2022 leicht höhere Steu­er­ein­nahmen (+ 0,8 Mio. €) und gerin­gere Perso­nal­kosten (- 0,5 Mio. €) hatte, weil Stellen nicht oder nur zeit­an­teilig besetzt werden konnten. Aber der größte Block befindet sich in den Sach- und Betriebs­kosten mit einer posi­tiven Diffe­renz von knapp 2,5 Mio. € ! Lag das an Mehr­ein­nahmen (zB. aus Miet­erlösen) oder an gerin­geren Ausgaben ? Wieder­holt sich das auch in den Jahren 2023ff oder muss befürchtet werden, dass sich diese Ausgaben nur verschoben haben und mit voller Wucht in diesem Jahr kommen?  Diese Fragen sind aktuell noch nicht beant­wortet. Zukunft­GAUTING-Vorsit­zender Dr. Andreas Albath (Gemein­derat für die UBG) hat um Aufklä­rung gebeten. Die Bürger­meis­terin hat dies für die Sitzung des Haupt- und Finanz­aus­schusses im September zuge­sagt, um dem Kämmerer ausrei­chend Gele­gen­heit zu geben, der Frage­stel­lung auf den Grund zu gehen. Es bleibt span­nend. Und es ist wichtig, dass hier abso­lute Trans­pa­renz entsteht. Denn kein Gemein­derat möchte gerne Erhö­hungen der Gemein­de­steuern oder  Einschnitte bei den frei­wil­ligen Ausgaben für Freibad, Bosco, Musik­schule, Vereinen usw. beschließen, wenn dies nicht zwin­gend erfor­der­lich ist.

Und wie ist das nun mit der Deutsch­land-Geschwin­dig­keit?

Dr. Bernd Schulte-Midde­lich schmun­zelte bei dieser Frage. Trotz allem Lob für das Bemühen der Mitar­beiter der Behörden hat sich bis heute nichts geän­dert am Umfang der beizu­brin­genden Unter­lagen und einzelnen Geneh­mi­gungs­schritte. Und Bürger­meis­terin Dr. Brigitte Kössinger weist daraufhin, dass eine poli­ti­sche Aussage ja noch nicht dazu führt, dass Aufgaben und gesetz­liche Vorgaben an die Behörden sich in Luft auflösen. Vermut­lich haben es sich die meisten schon gedacht, dass voll­mun­dige Aussagen selbst des Bundes­kanz­lers so schnell nichts an der deut­schen Verwal­tungs- und Geneh­mi­gungs­rea­lität ändern. Winfried Kret­sch­mann, Minis­ter­prä­si­dent von Baden-Würt­tem­berg hat es vor ein paar Tagen in der FAS (9.7.) so formu­liert „Ich kann den Verdruss vieler Bürger eins zu eins nach­voll­ziehen, weil ich der erste Betrof­fene der Büro­kratie bin. Manchmal frage ich mich, was ich als Minis­ter­prä­si­dent eigent­lich noch machen kann, so umringt bin ich von all den Verord­nungen und Gesetzen, die wir in 70 Jahren Demo­kratie aufge­türmt haben. So können wir nicht weiter­ma­chen.“

So bleibt am Ende nur die Hoff­nung der Opti­misten, dass es eines Tages tatsäch­lich einmal zügiger in Deutsch­land voran geht!